Friedrich Christian Delius, FCD

Michael Merschmeier: Eine treffliche Satire (Theater heute)

Eine treffliche Satire

Friedrich Christian Delius war bisher nicht gerade das, was man einen Autor der leichten Unterhaltungskunst nennt Aber mit seinem neuesten Werk “Der Königsmacher” hat er sich diesem Genre genähert, ohne die eigene eher schwergewichtige Schriftsteller-Biographie zu verraten. Er benutzt einen Trick, der wie geschmiert funktioniert, er fungiert unter dem Namen F.C.D. als Herausgeber eines Buches über Albert Rusch, der selbst vorgibt, einen historischen Roman über seine Vorfahren zu schreiben – und darin verwoben zugleich die Geschichte der Entdeckung, dass sie es überhaupt sind, erzählt. Kurz: Rusch ist ein, wenn auch illegitimer, Nachfahre der Oranier- und Preußenkönige, denn seine Urahnin war Mätresse jenes Willem von Oranien, der nach der Vertreibung Napoleons in den Niederlanden regierte – und beide hatten eine gemeinsame Tochter, ein Kind der Liebe und der Sünde, das hernach ebenso leid- wie glanzvoll erst von der leiblichen berlinischen Mutter fort und hernach in ansehnlichen Adelsstand hoch befördert wurde. Gräfinnentitel und -erbe verschafften diskret die Beamten des niederländischen Regenten. Ein Groschenromansujet von annodazumal also, aber andererseits lakonisch im Stil und mit vielen Dialogen wie ein Drehbuch präsentiert. Dem Historischen immer verquickt ist eine treffliche und amüsante Satire auf den gegenwärtigen Literaturbetrieb samt angeschlossenem Medien-Zirkus: Rusch, der ehemals hoch gehandelte, dann mehr und mehr erfolglose Schriftsteller, wird als selbstentdeckter Adelsspross zum indirekten Erfinder des Preußenjahres 2001 und als Experte für Königliches gern gesehener Talk-Show-Gast, der schließlich dennoch im Museum endet. Wie und warum – das wird nicht verraten. Lesen Sie selbst: “Der Königsmacher”.

(Michael Merschmeier, Theater heute, 12 / 2001)

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